WAS SIND PILZE?
Pilze sind ausdauernde, meist unsichtbare, mikroskopisch feine Geflechte, die den Waldboden, totes oder lebendes Holz und vielerlei organische Abfälle besiedeln.
Was wir als Pilze wahrnehmen, sind lediglich die Fruchtkörper, die, ähnlich den Früchten der Bäume, die Aufgabe haben, ihre Vermehrungsorgane, die Sporen, zu erzeugen und zu verbreiten.
Pilze gehören weder zum Tier noch zum Pflanzenreich, sondern bilden ein eigenes Reich, in der Fachsprache Funga genannt.
Von den Pflanzen unterscheiden sich die Pilze durch den Aufbau der Zellwände, aber auch da durch, daß sie nicht zur Photosynthese befähigt sind.
Ihren Energiebedarf decken die Pilze durch Stoffaustausch mit Symbiosepflanzen oder durch Abbau toter organischer Materie.
Von den Tieren grenzen sie sich grundsätzlich dadurch ab, daß sie sich nicht fortbewegen können. Eine Ausnahme bilden die Schleimpilze (Myxomycetes), die dies doch können und die aktiv auf Nahrungssuche gehen. Folgerichtig wurden sie auch vor einiger Zeit als dem Tierreich zugehörig anerkannt.

Die Lebensweise:
Die meisten Arten sind Fäulnisbewohner. Sie besiedeln und zersetzen tote organische Materie (Saprophyten).
Eine kleinere Anzahl lebt parasitisch. Diese befallen und schädigen lebende Organismen, zumeist Bäume. Unter ihnen sind so gefürchtete Forstschädlinge wie der Wurzelschwamm und der Hallimasch, die ihren Wirt aggressiv attackieren und oft recht schnell töten.
Es gibt aber auch eher "geruhsame Mörder", die mit ihrem Wirt viele Jahre ausharren und schließlich zusammen mit ihm zugrunde gehen. Ein Beispiel hierfür ist der PflaumenFeuerschwamm, von dem nahezu jeder ältere Pflaumenbaum befallen ist. Der Baum läßt sich aber vom Pilz kaum in seiner Früchteproduktion beeinträchtigen.
Nicht wenige Pilze haben sich ihresgleichen als Wirt ausgesucht. So findet man sehr oft Filzröhrlinge mit einem zunächst weißen, später leuchtend goldgelben Schimmelbefall. Es handelt sich hier um den Goldschimmel Hypomyces chrysospermus.
Mykorrhizapilze schließlich sind die Arten, die mit Bäumen, aber auch mit Gräsern und anderen Pflanzen in einer Lebensgemeinschaft leben. Mit ihrem Geflecht umspinnen sie die Feinwurzeln ihrer Lebenspartner und ermöglichen so einen intensiven Nährstoffaustausch zu beiderseitigem Nutzen. Der Pilz nimmt sich verschiedene Nährsalze, die er für sein Wachstum benötigt, und ermöglicht im Gegenzug dem Baum eine effizientere Aufnahme des Bodenwassers und der darin gelösten Stoffe. Die Wurzelsymbiose (Mykorrhiza) nützt dem Baum auch durch eine Stärkung der Abwehrmechanismen gegen Krankheitserreger. Mykorrhizierte Bäume sind ungleich vitaler und gesünder als Bäume ohne Pilzpartner.
Inzwischen hat man die immense Bedeutung der Mykorrhiza für die Forstwirtschaft erkannt und versucht, sie nach Kräften zu fördern. Gleichwohl sind es die Mykorrhizapilze, die am stärksten zurückgehen. Sie sind sehr empfindlich gegen Umwelteinflüsse.

Aufbau und Vermehrung:
Die für uns sichtbaren Pilze sind lediglich die Fruchtkörper der eigentlichen Organismen, die im Boden oder in ihrem umgebenden Substrat leben.
Das Fadengeflecht besteht aus einzelnen, langgestreckten Zellen, den sogenannten Hyphen.
Diese keimen aus einer Spore aus und vereinigen sich mit den Hyphen aus einer gegengeschlechtlichen Spore.
Das so entstehende Geflecht nennt man Myzel.
Es kann sehr groß und alt werden. Bei geeigneten Umgebungsbedingungen bildet das Pilzgeflecht Fruchtkörper. Die Pilzfäden ballen sich zu dichten Knäueln und Knötchen, den sogenannten Primordien, zusammen.
Dies sind die Ursprünge der Fruchtkörper, die später als "Pilze" wahrgenommen werden. Sie entwickeln sich im Verlauf des rasanten Wachstums und trennen sich z. B. in Hut, Stiel und Lamellen. Komplexe Zellen überziehen als sogenannte "Fruchtschicht" die Außenseiten der Lamellen, die Innenseiten der Röhren von Röhrlingen und die glänzende Schicht der Becherlinge sowie die Innenseiten der Bauchpilze.
Darin wird dann eine schier unfaßbarc Anzahl von Sporen gebildet. Bei der Reife lösen sie sich vom Fruchtkörper ab und werden meist vom Wind verweht.
An geeigneten Orten keimen sie aus und bilden ein neues Myzel.

Recyclingspezialisten:
Gäbe es keine Pilze, würde der Wald in kürzester Zeit an seinem eigenen "Müll" ersticken. Denn neben Bakterien haben nur Pilze die Fähigkeit, organische Substanz wieder in ihre Grundbestandteile zu zerlegen und diese so als Nahrungsgrundlage für Nachfolgeorganismen verfügbar zu machen.
Neben Holz werden auch das Fallaub und die Nadeln der Wälder, Mist, tote Insekten, Gewölle, Horn, Holzkohle, Pappe und tote Gräser besiedelt und zerlegt.

Pilze und Gesundheit: Als tödlich giftig gelten Pilzarten, deren Genug schwere oder bleibende Organschädigungen verursachen und die einer intensiven und/oder lange andauernden Therapie bedürfen. Es sind nur ein knappes Dutzend Arten, die solche, manchmal tödlich verlaufende Vergiftungen hervorrufen. Jeder Pilzsammler sollte sie un bedingt sicher erkennen, bevor er eine selbst gesammelte Mahlzeit verzehrt. Die restlichen ca. ioo giftigen Arten in Mitteleuropa rufen mehr oder weniger heftige Irritationen des Verdauungstraktes oder des Kreislaufes hervor, hinterlassen aber bei ansonst gesunden Menschen meist keine bleibenden Schäden. Gleichwohl können derartige Vergiftungen einen dramatisch anmutenden Verlauf zeigen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche, oft sehr heftige oder gar bedrohliche, individuelle Unverträglichkeiten und allergieartige Erscheinungen, die durch ansonsten unbedenkliche Speisepilze hervorgerufen werden können. Als Beispiele seien Hallimasch und Nebelkappe genannt. Insofern kann dieses Buch keine Gewähr dafür geben, daß alle als ungiftig angegebenen Pilze gut vertragen werden. Nicht zu unterschätzen sind die scheinbaren Vergiftungen, die psychologische Ursachen haben und auf Zweifeln an der Unbedenklichkeit einer genossenen Mahlzeit beruhen. Schließlich können Pilzarten, die Schwermetalle oder radioaktive Stoffe aus der umgebenden Erde anreichern, zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Als Beispiele seien einige Champignonarten genannt, die Cadmium anreichern, und der Maronenröhrling, der vermehrt Cäsium bindet. Die Strahlenbelastung durch den Reaktorunfall in Tschernobyl ist in Westeuropa zum großen Teil abgeklungen. Lediglich der Maronenröhrling weist in einigen Gebieten noch leicht erhöhte Gehalte an Cäsium 137 auf, die aber meist nicht die als unbedenklich geltenden Grenzwerte erreichen. Unechte Pilzvergiftungen haben verdorbene Pilze zur Ursache und gehören daher in die Kategorie Lebensmittelvergiftungen.

Pilzgefährdung:
Pilze sind im höchsten Maße gefährdet und schutzbedürftig. Was wir dringend brauchen, sind eine naturgemäße und nachhaltige Forstwirtschaft, Programme zur Luftreinhaltung von Luft und Gewässern, Reduzierung von Stickstoffeinträgen, eine umweltverträgliche Wasserwirtschaft, Erhaltung, Schaffung und Vernetzung wertvoller und artenreicher, ungestörter Lebensräume, nicht nur der Pilze wegen, sondern für die Erhaltung der allgemeinen Artenvielfalt.
Die Pilzarten, die am meisten bedroht oder gar ausgestorben bzw. verschollen sind, geiören nicht zu den Arten, die zu Speisezwecken gesammelt werden, sondern sind solche, die spezielle Ansprüche an ihre Umgebung stellen.
Werden deren Lebensräume vernichtet oder verändert, so entzieht man diesen Arten ganz einfach die Existenzgrundlage.
Gleichwohl ist jeder Sammler natürlich zu einem schonenden Umgang mit der Natur aufgefordert.

Die Rote Liste:
Um den Artenrückgang zu dokumentieren, wurden Rote Listen gefährdeter oder ausgestorbener Arten erstellt. Die Rote Liste der Pilze enthält 1.400 Pilzarten (Stand 1992). Demgegenüber waren es 1984 "nur" 1.037 Pilzarten. Im Bestimmungsteil wird bei den jeweiligen Arten auf ihre Gefährdung eingegangen. Im Gegensatz zu der von verschiedenen Interessenvertretern so gerne geäußerten Meinung, daß das Pilzesammeln eingeschränkt oder verboten werden sollte, ist festzustellen, daß die Pilzsammler am feststellbaren Artenrückgang nicht schuld sind.

Jeder Pilzsammler sollte sich die zehn goldenen Regeln zu Herzen nehmen.
Zehn goldene Regeln für Pilzsammler:

Was tun bei einer Pilzvergiftung?
Sollten Sie ernsthafte Beschwerden nach einer Pilzmahlzeit bekommen, sehen Sie bitte von der Anwendung von Hausmitteln ab. Rufen Sie den Hausarzt an. Bewahren Sie Putzreste der Pilze und Erbrochenes auf.
Nützlich ist auch die folgenden Adresse, an die Sie sich im Notfall wenden können:


Österreich Vergiftungsinformation
Allgemeines Krankenhaus
Währinger Gürtel 18 - 20
1090 Wien
01/40 64 34 30