Kriechtiere
Allgemeines:
- Die Kriechtiere sind eine stammesgeschichtlich sehr alte Wirbeltierklasse. Die ältesten fossilen Funde
stammen aus der Steinkohlenzeit vor ungefähr 260 Millionen Jahren.
- Bis auf wenige Ausnahmen sind die Kriechtiere reine Landbewohner.
- Die Haut ist von hornigen Schuppen oder Schildern bedeckt. Diese Beschuppung verhindert einerseits
eine zu starke Verdunstung, andererseits bildet diese Körperbedeckung einen wirksamen Schutz gegen
Feinde.
- Regelmäßige Häutungen (alle 6 bis 8 Wochen) ermöglichen ein ungehindertes stetes Wachstum.
- Bei den Eidechsen löst sich die Haut in Fetzen vom Körper.
- Bei den Schlangen reißt die Haut am Kopf auf, und die Tiere schlüpfen aus der dabei unverletzt bleibenden hornigen Haut (Schlangenhemd !) heraus, wobei die Innenseite der Haut nach außen gestülpt wird.
- Bei kranken Tieren kommt es oft zu Häutungsschwierigkeiten.
- Die Ausbildung der Körperbeschuppung ist ein wichtiges Bestimmungsmerkmal.
- Die Haut der Kriechtiere ist drüsenarm.
- Schleimdrüsen, die bei Lurchen die Haut feucht halten, fehlen den Kriechtieren völlig.
- Ihre Körperoberfläche fühlt sich daher immer trocken an.
Wärmehaushalt der Kriechtiere:
- Die Kriechtiere (Reptilien) sind poikilotherm.
- Ihre Körpertemperatur steht in Abhängigkeit zur jeweiligen Außentemperatur. Dadurch sind ihrer
weltweiten Verbreitung natürliche (klimatische) Grenzen gesetzt.
- Alle in Niederöstrreich verbreiteten Reptilien legen während der extrem kalten Jahreszeit eine
Aktivitätspause ein.
- Dabei ziehen sie sich in frostgeschützte Winterquartiere zurück.
- Der Stoffwechsel wird stark reduziert, Die Tiere verfallen in eine Körperstarre.
- Frostfreie Quartiere sind überlebenswichtig, da die Kriechtiere im Gegensatz zu den Säugetieren
bei zu starkem Absinken der Temperaturen nicht mehr erwachen und erfrieren.
Sinnesorgane:
- An der Kopfoberseite besitzen die meisten Reptilien ein Parietalauge (deutlich sichtbar bei der
Blindschleiche).
- Mit diesem rückgebildeten Lichtsinnesorgan können die Tiere HellDunkelUnterschiede wahrnehmen.
- Die Wahrnehmung von Geruchsstoffen erfolgt durch ein Sinnesorgan (Jakobson'sches Organ) im
Munddach, zu dem mittels der Zunge die Duftstoffe transportiert werden.
- Schlangen fehlt eine äußere Ohröffnung. Sie hören nichts, reagieren allerdings sehr empfindlich
auf Bodenerschütterungen.
Skelett:
- Eine Besonderheit zeigt der Schädel der Schlangen. Die hohe Beweglichkeit der einzelnen
Schädelknochen zueinander und die Möglichkeit einer zeitweiligen Trennung der Gelenksverbindung
zwischen Ober und Unterkiefer ermöglichen diesen Tieren Beutestücke, die oft ein Vielfaches größer
sind als ihr eigener Kopf, zu verschlingen.
- Das Fehlen eines Brustbeines, wodurch die Rippen frei enden, ermöglicht den ungehinderten
Weitertransport großer Nahrungsstücke im Körper.
Fortpflanzung:
- Das paarige männliche Geschlechtsorgan (Hemipenis) befindet sich beidseitig hinter der
Analöffnung. Im Erregungszustand wird dieses Begattungsorgan ausgestülpt.
- Bei der Paarung wird ein Teil dieses paarigen Organs in die Kloake des Weibchens eingeführt.
- Die Oberfläche des Hemipenis ist mit unterschiedlichen dornartigen Fortsätzen besetzt, durch die
er in der Kloake verankert wird.
- Die Reptilien pflanzen sich im Normalfall durch Eier fort.
- Einige Arten sind aber auch lebendgebärend (vivipar) oder die Jungtiere verlassen beim
Geburtsvorgang die Eihülle (ovovivipar).
- Alle Kriechtiere legen ihre Eier an Land ab.
- Der Embryo ist durch eine häutige Hülle (Amnion) und zusätzlich durch die Eischale geschützt.
- Eine feuchte Lagerung der Eier ist aber trotzdem notwendig, um sie vor Austrocknung zu schützen.
Alterserwartungen:
- Nattern werden im Durchschnitt 20,
- Vipern 25 und
- Eidechsen 10 Jahre alt.
Abwehrverhalten:
- Bei Gefahr können die heimischen Eidechsen und Schleichen den Schwanz abwerfen (Autotomie). Der
noch lange nach dem Abwurf (ca. 15 Min.) zappelnde Schwanz soll den Feind ablenken.
- Der Schwanz bricht an einer vorgegeben Bruchstelle und wächst wieder nach.
- Nattern flüchten gewöhnlich, doch wenn sie sich in die Enge getrieben fühlen beissen sie auch zu.
Nicht nur dass diese Bisse schmerzhaft sind, besteht die Gefahr eine Blutvergiftung wenn
Fäulnissbakterien oder Futterrückstände in die offene Bisswunde kommen.
- In Niederösterreich sind 2 Giftschlangenarten beheimatet.
- Während der Biß der fast ausgerotteten Wiesenotter für den Menschen eher harmlos verläuft, kann
ein Kreuzotterbiß für Kinder und alte Menschen Lebensgefahr bedeuten.
Schlangenbiss:
- Die Giftdrüsen (Speicheldrüse) dieser beiden Vipernarten befinden sich seitlich am Kopf.
- Sie beinhalten komplizierte Eiweißverbindungen mit blut- und gefäßschädigender Wirkung.
- Die Giftdrüsen stehen durch Ausführungsgänge mit den vorne im Oberkiefer sitzenden beweglichen
langen Giftzähnen in Verbindung.
- Die Zähne besitzen die Wirkungsweise einer Injektionsnadel.
- Ungefähr alle 6 Wochen erfolgt ein Zahnwechsel
- Ein oder mehrere Ersatzzähne stehen hinter jedem der beiden Giftzähne.
- Die meisten Schlangen besitzen derartige Drüsen im Oberkiefer, doch fehlen ihnen die notwendigen
Ausführungsgänge.
- Das Sekret der Kreuzotter bewirkt Zerstörungen der Blutgefäßwände und dadurch deutlich sichtbare
Veränderungen der Bißstelle.
- Diese schwillt an und verfärbt sich blauschwarz.
- In der Folge ergänzen auch Übelkeit, Kreislaufstörungen (Blutdruckabfall) etc. die anfänglichen
Symptome einer schweren Vergiftung.
- Die gewebszersetzende Wirkungsweise des Giftes bewirkt lokal Schmerzen.
- Der Biß einer heimischen Giftschlange ist durch die beiden nebeneinanderliegenden deutlichen
Einstichstellen der Giftzähne deutlich zu erkennen.
Verhalten nach dem Biss:
- Gebissen von einer Kreuzotter, sollte der Betroffene möglichst bald einer ärztlichen Behandlung
zugeführt werden.
- Um eine rasche Ausbreitung des Giftes im Körper zu verhindern, soll oberhalb der Bißstelle
(dem Herzen zu) die entsprechende Extremität abgebunden werden.
- Diese Abbindung muss alle 20 Minuten kurzfristig gelockert werden.
- Die Stärke dieser Abbindung sollte jener bei der ärztlichen Blutdruckmessung entsprechen.
Nur so kann eine gefährliche Mangeldurchblutung verhindert werden.
- Eine zusätzliche Abdeckung der Bißstelle hilft Infektionen zu vermeiden.
- Alkohol, Kaffee und andere kreislaufanregende Mittel schaden in dieser Situation.
- Das Aussaugen der Bissstelle sollte unbedingt vermieden werden, da es nicht ausgeschlossen ist,
daß der Helfer an den Lippen oder in der Mundhöhle offene kleine Wunden besitzt, durch die das
Schlangengift in seinen Blutkreislauf eindringen kann und so eine weitere Vergiftung verursacht.