Ruby Oak Bar

   die Powerlady.

Ruby kam in useren Besitz, nachdem es Kedves nicht mehr gab. Wobei man den Ausdruck Besitz nur in rein rechtlichen Belangen verstehen muß. Besitzen kann man ein Lebewesen nicht. Man muß dessen Vertrauen erwerben und das Pferd, die Katze, der Hund oder um welches Geschöpf es sich sonst handelt, muß von sich aus gerne bei einem verweilen.

Ruby heisst Rubin und sie hat den Namen wohl erhalten, weil sie eine Fuchsstute ist, deren Fell im Farbenspiel der Sonne an einen Rubin erinnert. Doch dieses Pferd hat sich im Verlauf der Begegnung mit uns, mehr und mehr in einen Edelstein verwandelt, den zu missen, uns sehr schwer fallen würde.

Ruby selbst wurde in Arizona geboren und ihre Stammlinie geht auf den legenderen Three Bars zurück. Dieser Hengst ist für die amerikanische Quater-Zucht mindestdens so bedeutend gewesen wie etwa, King oder Leo. Er war der typische Veredlertyp der Racerklassen.

Wie Ruby nach Europa kam, haben wir nie ganz nachverfolgen können. Doch das spielt auch keine Rolle, Hauptsache sie ist da und eines unserer Pferde.

Die Geschichte wie wir zueinander fanden, ist rasch erzählt. Hedi und ich hatten uns damals dem Western Reiten zugewandt weil es pferdefreundlicher und zwangloser ist. Die Mitarbeit des Pferdes ist dabei gefragt, kommt diese Reitweise doch aus der Arbeitswelt der Rinderhirten, die verständlicherweise keine Zeit haben, auf Haltung, Gang und Aufrichtung zu achten, wenn sie sich inmitten einer Herde von 10.000 Stück Vieh befinden.

Dem entsprechend war unsere Zielvorgabe, daß nächste Pferd sollte ein Quarterhorse sein. Nun, im Jahre 1990 war es in Österreich nicht so einfach, nicht nur ein echtes, sondern auch ein gutes Quarter Horse zu erstehen. Es war unglaublich, was alles unter dem Begriff Quarter Horse, Paint und Appaloosa gehandelt wurde.

Wir fuhren von Züchter zu Züchter, probierten aus, besichtigten und noch vieles mehr. Doch es war immer ein Makel an den angebotenen Pferden, oder es fehlte der zündende Funke der Sympathie von uns zum Pferd oder umgekehrt.

Bis eines Tages, in der Western News ein Western Reitkurs im Pottenstein mit dem amerikanischen Spitzentrainer John Holt ausgeschrieben war. John Holt war zu dieser Zeit der Guru der alten Garde des Westernreitens und ein Kurs von ihm war eher für Profis dieser Reitweise gedacht und weniger für Anfänger meiner Kategorie.

Trotzdem beschloss ich diesen Kurs zu belegen, sofern es möglich war, ein in Westernreitweise angerittenes Pferd, mieten zu können. Ich fragte aus diesem Anlass Hr. Helmut Schulz, bei dem der Kurs stattfand, um ein Schulpferd für die Dauer des Kurses und bekam dieses auch zugesagt.

Dann war es soweit. Am 29.6.1990 stand ich zum erstenmal Ruby gegnüber. Um diese Pferd rankten sich Erzählungen von "schwierig zu reiten " bis zur " Reiter Ablade-Lady".

Doch irgenwie hatte ich den Eindruck, wir würden uns verstehen. Ruby legte zwar die Ohren und versteifte sich als ich aufstieg, doch dann als wir in den Corral einritten war eine erste Kommunikation zwischen uns vereinbart. Ich ließ sie in Ruhe und sie ließ sich willig lenken.

Bis zu diesem Tag hatte ich Pferde nur nach der englischen Reitweise geritten und so ritt ich auch Ruby. Vielleicht war es das neue, unbekannte, das Ruby ruhig hielt. Sie konnte bei keinem meiner Manöver vorhersehen, was als nächstes kam. Das machte sie aufmerksam und sie vergaß, widersetzlich zu sein.

Am Ende des Tages war ich von diesem Geschöpf fasziniert. Sie war das Pferd, wie ich mir immer ein Westernpferd vorgestellt hatte. Rasant, schnell und wendig und doch relext, wenn keine Aktion angesagt war.

Auf den Kursvideos ließ mich die Stute auch als blutigen Anfänger halbwegs gut aussehen, auch wenn der amerikanische Trainer ständig meinte "Peter, ride and use brains not muscle ! "

Am Ende des ersten Kurstages fragte ich Hrn.Schulz ob das Pferd verkäuflich sei und erhielt eine positive Antwort.

Nun saß es in meinen Überlegungen fest: dieses Pferd oder keines. Die nächste Hürde die es zu nehmen galt, war Hedi. Würde ich es ihr näherbringen können ?

Ruby war nicht unbedingt der Typ Pferd, der sofort freundlich und anschmiesam ist. Sicher, sie war von excellenten Exterrieur und hatte elegante Gänge. Eine Bewertungsgrundlage, die bei Hedi hoch im Kurs stand. Doch sonst sah ich Probleme.

Zu Hause angekommen, konnte ich mit meinen Erzählungen erreichen, Hedis Neugierde so zu wecken, daß sie am nächsten Kurstag mit mir kam um die Stute zu besichtigen. Die erste Begegnung der beiden werde ich nicht vergessen. Ruby legte die Ohren und fletschte die Zähne und Hedi ging kopfschüttelnd aus dem Stall.

Ich wußte damals nicht und weis es heute noch nicht, was den Ausschlag gab, das Hedi zustimmte, Ruby zu erwerben. Wir erstanden Sie jedenfalls und Ruby kam auf den Wolf-Hof, wo sie heute noch ist.

Allerdings, zum Zeitpunkt des Ankaufs war Ruby bereits trächtig. Gedeckt von dem besten und optisch prächtigsten Quarter-Hengst, der damals in Österreich aufgestellt war - Jac O Rima.

Wir konnten damals nicht vorhersehen, daß dieser Hengst für viele Jahre die Quarter Zucht in Österreich beeinflussen sollte, wie kein anderer vor ihm und wahrscheinlich auch kein anderer nach ihm.

Nachkommen von ' Jac ', wie man ihn nach kurzer Zeit nannte, waren, egal von welcher Stute immer, eine sicht- und spürbare Qualitätsverbesserung. Meistens setzte sich der Hengst auch im Exterieur, im Charakter und in der Farbgebung durch.

Was mußte erst bei einer Stute wie Ruby als Zuchtergebnis entstehen.

Ein Jahr später wussten wir es und ich kann nur sagen, es ist eigentlich schon eine Ausnahme zu jenen zu gehören, deren Pferde den ersten Zuchtjahrgang dieses Hengstes angehören. Doch Geronimo Jac Bar ist darüber hinaus ein Ausnahmepferd, wie es selten geboren wird.

Doch zurück zu Ruby. ich habe es schon vorweggenommen, die Geburt verlief reibungslos und wir nannten das Hengstfohlen Geronimo. Der Namen stammt vom letzten Kriegshäuptling der Mescalero Apachen und sollte, einer alten indianischen Weisheit aus deren Ahnenkult entsprechend, alle Tugenden und inneren Werte der Namensperson auf den neuen Namensträger übertragen.

Nach der Geburt, ging Ruby noch erfolgreich in diversen Turnieren und hatte sich zum unbedingten Verlasspferd entwickelt. Sie legte nicht mehr die Ohren zurück und war im Handling und beim Beschlagen, das angenehmste Pferd, das man sich vorstellen kann.

Lediglich beim Galopp im Freien, muß man aufpassen. Einmal den Kopf freigegeben, ist sie schwer wieder anzuhalten. Galopp ist die Gangart, die sie innig liebt.

Wenn man allerdings von Anfang an die Geschwinigkeit reguliert, kann sie sehr lange und für den Reiter angenehm galoppieren.

Ihr zweiter wunder Punkt waren die Wasserlachen, deren Untergrund lemig ist. Durch diese geht Ruby niemals durch. Ich wußte lange Zeit nicht warum.

Doch dann, ich weiß nicht mehr wer es mir klargemacht hat, erfuhr ich die logische Erklärung. Ruby wurde in Arzona geboren und ist dort auch aufgewachsen. Die Pferde und insbesondere die Fohlen leben dort mit ihren Müttern im ersten Jahr in völliger Freiheit und lernen von den Mutterstuten alles, was ein Fohlen braucht.

So lernen sie auch, daß Wasser und weicher Untergrund in der Regel Treibsand bedeutet und dieser ist unbedingt zu meiden, denn er kostet das Leben. Das es in Österreich keinen Treibsand gibt, konnte ich Ruby nicht vermitteln und so weichen wir solchen Lachen eben aus.

Ruby ist heute 18 Jahre alt und hat eine Pollenallergie, die wahrscheinlich nicht mehr heilbar ist. Trotzdem ist der Lebenswille der Stute ungebrochen und sie ist am liebsten bei Wind und Wetter auf der Weide.

Im Alter von 22 Jahren mussten wir uns von ihr verabschieden. Die Allergie ermöglichte ihr kein artgerechtes Pferdeleben mehr und kein Tierarzt war in der Lage, ihr das Leben zu erleichtern. Am 3.Mai 2006 verloren wir ein liebgewonnenes Lebewesen für immer.