Faszination Wanderreiten  

Als Wanderreiten bezeichnet man mehrtägige Wanderungen zu Pferd.
Im Mittelpunkt stehen dabei das Naturerlebnis, die langsame, ursprüngliche und umweltfreundliche Art des Reisens, das bessere
Kennenlernen sowohl der Landschaft als auch des Pferdes, mit dem man beim Wanderreiten den ganzen Tag zusammen ist und von
dessen Wohlergehen das Ankommen am Ziel entscheidend abhängt.
Übernachtet wird beim Wanderreiten unter
  • freiem Himmel,
  • beim Bauern,
  • in Zelten oder
  • auf Pferdehöfen,
die Übernachtungsmöglichkeit für Pferd und Reiter bieten. Das Gepäck wird entweder auf dem Reitpferd in Satteltaschen vor und
hinter dem Sattel transportiert oder auf einem mitgeführten Packpferd.
Wanderreiten gilt als die älteste Form der Nutzung des Pferdes durch den Menschen.
  • es setzt ein
  • ausgebildetes,
  • konditioniertes,
  • gehorsames und
  • verkehrssicheres Pferd voraus,
fördert aber auch dessen Selbständigkeit und erlaubt dem Reiter dadurch die intensivste „Zwiesprache“ mit seinem Reittier.
Als Wanderreitpferd eignen sich besonders die naturbelassenen Reitpferderassen (Robustpferd),
  • Kleinpferde und
  • Araber,
  • aber auch Warmblüter
  • und sogar Maultiere.
Wichtig für das Wanderpferd ist vor allem (neben der mentalen Eignung) ausreichende Tragfähigkeit des Rückens und ein stabiles
Fundament sowie gesunde Beine.

  Wanderreiten / Hystorie
Im Mittelalter reisten Vornehme und Wohlhabende zu Pferd ähnlich wie heutige Wanderreiter,
im Unterschied zum gemeinen Volk, Mönchen und Studenten, die zu Fuß gingen.
Jahrhundertelang waren Reisen zu Pferd nichts Besonderes. Goethe pflegte zu unterschiedlichsten Anlässen lange Strecken
im Sattel zurückzulegen – und schrieb:

laßt mich nur auf meinem Sattel gelten.
Bleibt in euren Hütten, euren Zelten!
und ich reite froh in alle Ferne,
über meiner Mütze nur die Sterne.

Als berühmtester Wanderreiter gilt der Schweizer Aimé Félix Tschiffely, der 1925 aus Buenos Aires, Argentinien 10.000 Meilen
nach Washington DC, USA, ritt und über den alle Zeitungen berichteten.
In den Zeiten, da die Massenmotorisierung sich durchsetzte, galt dies als Sensation.
Die Wiederentdeckung des Wanderreitens als Freizeittätigkeit - also abseits jeder transportechnischen Notwendigkeit -
ist eine junge Idee ohne entsprechende Wurzeln in den Reformbewegungen, wie sie für die Wandervereine typisch ist.
Erst Ende des vorigen Jahrtausends entwickelten Formen des Pferdesports, die die Idee Partnerschaft zwischen Pferd- und Mensch
jenseits der damals etablierten Turniersportformen in den Mittelpunkt stellten, Breitenwirkung.
Als ein typischer Versuch der Institutionalisierung der Bewegung aus dieser Zeit ist der "deutsche Reitpfad Nummer 1",
der in den 1980er Jahren angelegt wurde und "von der Weser bis zum Neckar" führen sollte, aber nur teilweise umgesetzt und
mittlerweile aufgegeben ist.
Auch der gesellschaftliche Trend zur Wiederentdeckung der Wallfahrt auf Pilgerwegen färbt auf das Wanderreiten ab, da sich die
Infrastruktur meist gut eignet und Pilgern zu Pferde aufgrund des historischen Vorbildes einen hohen Status genießt.

  Wanderritt / Organisaton   
Je nachdem, ob man alleine oder als GRuppe einen Wanderritt durchführen will, ist eine grundsätzliche Organisation unabdingbar !
Je nach Dauer und Schwierigkeit ist eine entsprechende Vorbereitung von Pferd(en) und Reiter(n) erforderlich.
Dazu gehören
Konditionstraining des Pferdes,
  • Gewöhnung an jede Art von Straßenverkehr,
  • Schulung des Pferdes zum Überwinden natürlicher Geländehindernissen wie
    • Abhänge,
    • Kletterstellen,
    • Fels und Geröll,
    • schmale Pfade und Engstellen,
    • Gewässer usw.,
  • Karten- und Kompasskunde,
  • Erste Hilfe (auch für das Pferd).
Mehrtägige Ritte verlangen vom Reiter eine besonders gute körperliche Kondition und entsprechendes Training.
Bei Ritten ab einiger Dauer wird spezielle Ausrüstung benötigt
  • Sattel, Packtaschen,
  • Wetterschutz,
  • Zelt,
  • Kochgeräte,
  • Notbeschlagszeug usw.
  • Fähigkeiten und Kenntnisse der Lederreparatur,
  • Pflanzen-, Ernährungs- und Futterkunde,
  • Medizin und Tiermedizin,
  • Hufbeschlag,
  • eventuell Sprachen und regionale Kultur,
  • Zollbestimmungen,
  • Versicherung etc.
runden das Profil des Wanderreiters ab.
Die Übernachtungen werden meist vorgeplant und angemeldet, manchmal wird aber auch aufs „Geratewohl“ losgeritten.
  Grundlagen eines Wanderreitfperdes  
Ein gutes Wandereitpferd muß zunächst einmal die Grundanforderungen erfüllen, die an jedes gute Reitpferd gestellt werden.
Das ist das wichtigste, und nicht, daß es einer renommierten Zucht entstammend angeboten wird.
Die wichtigsten Eigenschaften sind:
  • gute Grundausbildung,
  • korrektes Exterieur,
  • Wille zum Laufen,
  • Volle Gesundheit.

Es macht überhaupt zur Sinn, mit einem geeigneten Pferd anzufangen.

Die Pferdebeurteilungslehre und das Wissen (oder Vermutungen) über die Vorgeschichte des Pferdes
geben einen Maßstab an die Hand, einzuschätzen, inwieweit das betrachtete Pferd in der Lage sein sollte,
die geplanten Aufgaben erfüllen zu können.
Zwar kann das Pferd, wie der Mensch auch, körperliche Mängel in Grenzen durch entsprechende Willensanstrengungen ausgleichen
(die Araber liefern oft gute Beispiele dafür).
Dies ist aber immer mit höherem körperlichen Einsatz und der Gefahr frühzeitigen Verschleißes verbunden.

Man sollte sich dabei nicht von einzelnen, positiv ausgeprägten Merkmalen blenden lassen, sondern das Pferd als Ganzes betrachten.

Exterieur-Anforderungen ("Muß"- Eigenschaften) für Wanderreitpferde sind :
  • korrektes Gangwerk,
  • kräftige Gelenke,
  • gerader, gutbemuskelter Rücken,
  • geschlossene Lendenpartie,
  • kräftige Hinterhand,
  • gutgeformte und harte Hufe,
und gelten für Pferde aller Rassen.
Wer namentlich eine Rasse oder einen Pferdetyp liebt, die in dem einem oder anderen Punkt zu Schwächen neigen
(auch wenn das Freunde und Züchter dieser Rasse nicht anerkennen), muß sich besonders um eine objektive Beurteilung bemühen.
Viel Zeit miteinander zu verbringen und Ziele langfristig zu verfolgen erfordern vom Reiter unerschöpfliche Geduld und Liebe
zu seinem Pferd.

Wenn Pferd und Reiter zusammenpassen und sich mögen, kann Wanderreiten ein sehr erholsamer Zeitvertreib sein.